Das Leben ist voller Wunder. Wer mit offenen Augen durch unsere Berge streift, entdeckt sie jeden Tag. Das Wunder, wie sich die Wiesen innerhalb weniger Tage in ein Blumenmeer verwandeln, das Wunder des Sonnenaufgangs über den Bergen von Chur, das Wunder, wenn Vögel nach vielen tausend Kilometern Reise wieder zurück in Disentis sind und um die Türme der Martinskirche jagen. Oder auch das Wunder, wenn sich in Minuten Wolken zu Türmen ballen und der Donner des Gewitters in den Bergen widerhallt. So oft wir dieses auch erlebt haben, bleiben wir doch staunend stehen im Angesicht dieser Vollkommenheit, Kraft und Gewalt. Forscherinnen und Forscher mögen vielen Geheimnissen längst auf den Grund gekommen sein, die Wunder der Natur bleiben unverändert gross.
Unverändert gross wie das Wunder des Pfingsttages, an dem einmal mehr die Kraft Gottes spürbar wird. Mit der Ankunft des Heiligen Geistes hält Jesus sein Versprechen, dass auch nach ihm einer kommt, der bei uns ist. Durch den Heiligen Geist wird Gott erfahrbar und kommt uns nahe. Denn so wie der Heilige Geist zu Pfingsten über die Jünger Jesu kommt, so begleitet er uns bis heute.
In Jesaja steht geschrieben, wie traurig ein Leben ohne Gott ist, «bis der Geist Gottes aus der Höhe über uns kommt, dann wird die Wüste zum Garten ...» (Jes 32,15). Die Wüste wird zum Garten – das Weiss von Eis und Schnee ist blühenden Wiesen gewichen, aus der Nacht wird gleissend ein neuer Tag und der Gesang der Vögel füllt, wo lange nur Stille war. Nehmen Sie dieses Wunder mit offenem Herzen an und freuen Sie sich auf das Geschenk, das Gott uns macht. An Pfingsten, aber auch das ganze Jahr.
Mit herzlichem Gruss aus dem Kloster Disentis gute und gesegnete Pfingsten
Abt Vigeli Monn